Aus der Praxis: der Geliebte vom Geheimdienst
Dazu gibt es eine Geschichte, die schon viele Kartenleger in ihren Beratungen gehört haben. Die folgende Story betrifft nicht nur eine Rat suchende, sondern viele. Ganz offensichtlich ist das eine weit verbreitete Masche:
Marion (Name ist fiktiv), mittleren Alters und Single, geht zufällig in ihrem Ort in eine Kneipe. Diese Kneipe ist eigentlich eine Spelunke, in der sie sich noch nie aufgehalten hatte. Warum sie ausgerechnet an diesem Abend dort landete, ist unklar. Im Nachhinein betrachtet, war das für Marion natürlich KEIN Zufall. Der Abend entwickelte sich großartig, die Cocktails schmeckten. Mit Blick in den Gastraum entdeckte Marion dann an einem Tisch, allein sitzend, Martin (fiktiver Name).
Schneidig sah er aus, der Martin. Gepflegt, mit Anzug, Hemd und Schlips und Aktenkoffer. Optisch wollte er so gar nicht zu den anderen teilnehmenden Gästen passen. Natürlich fragte sich auch Marion, was ein solches Juwel in einer solchen Gastwirtschaft suchte? Da Marion sich eher auch als Außerirdische in diesem Lokal betrachtete, fragte sie Martin, ob sie sich zu ihm setzen dürfe –> zwei Außerirdische auf einem fremden Planeten, da hat man doch gleich Gemeinsamkeiten.
Man kam ins Gespräch. Cocktail um Cocktail wurde bestellt und im Rausch der vernebelten Sinne stellte man fest, es gibt die „große“ Liebe auf den ersten Blick. Viele roten Herzchen schwirrten in Marions Kopf herum.
Bei einer großen Liebe landet man dann – selbstredend und rasch – gemeinsam im Bett eines Hotels. Endlich hat man den Seelenverwandten gefunden. Man fühlt doch ganz genau, dass der Mann ähnlich empfindet. Das ist ganz klar zu fühlen, da ist ein Irrtum ausgeschlossen. Warum sonst hat Martin sie so zärtlich in den Arm genommen und mit ihr nach dem Beischlaf gekuschelt? Würde er sie nur benutzen wollen, dann hätte er sich ja auch schnarchend umdrehen können. Hat er aber nicht. Sie ist selig und geborgen in seinen Armen eingeschlafen.
Auch am nächsten Morgen ist noch alles in Ordnung. Während ein Normalbürger darüber nachdenkt, wie er aus einer solchen Situation heraus kommt, hat Marion Bing-Bing-Bing in den Augen.
Da steht er nun, der Adonis, der Mann fürs Leben ohne den man ab sofort nicht mehr leben kann.
Es werden Telefonnummern ausgetauscht, ein leichter Kuss haucht über die Wange, eine letzte Umarmung, eine sehr innige Umarmung, lässt Marion in sich taumeln. Marion ist glücklich und fühlt sich bestätigt. Es war nicht nur Sex, sondern Leidenschaft aus Liebe.
Und nun geht sie los die Tour durch die Beraterportale, denn Martin ist ab da nicht mehr wirklich greifbar. Man sucht Erklärungen. Marion kann sich nicht geirrt haben und während alle (?) Kartenlegerinnen bestätigen, dass Martin der richtige Mann fürs Leben ist, erzählt Martin von seinem großen Geheimnis, denn er IST Geheimagent und er muss sehr vorsichtig sein. Sein Leben ist stets in Gefahr und wenn die bösen Buben mitbekommen, dass es Marion gibt, dann ist auch ihr Leben in Gefahr. Von daher muss sie leider Verständnis haben, dass er sie nur sehr selten kontaktieren kann. Vor allen Dingen soll Marion diese Information vertraulich behandeln.
Alle Kartenleger dieser Welt wissen aber, dass Martin beim Geheimdienst ist. Diese sollen nun (und auch) diese Information diskret behandeln, schließlich geht es hier um Leben und Tod.
Es gibt mal eine SMS, mal Kontakt über Skype.
Martin schmückt all das auch noch ordentlich aus. Scheidet er nämlich aus dem Geheimdienst aus, bekommt er eine neue Identität und dann können sie endlich zusammen leben. Er schaut sich in der Schweiz schon mal nach einem geeignetem (gemeinsamen) Chalet um, damit das Glück alsbald vollendet werden kann.
Martin füttert Marion mit Visionen. Marion himmelt ihn dafür an und hält an dieser imaginären Liebe fest.
Freunde und Verwandte wissen es schon längst, den Mann gibt es in dieser Form nicht. Marion hat den Kontakt wegen dieser Annahme abgebrochen. Marion sperrt sich vor der Realität. Martin ist sehr wahrscheinlich im echten Leben verheiratet, arbeitet als Handelsreisender und wollte aus einer Schnapslaune heraus den schnellen Sex.
Alle wissen das. Marion eigentlich auch. Will man aber vorsichtig darauf hinweisen, dass der Martin sehr wahrscheinlich ein notorischer Fremdgänger ist und auch seine echte Frau betrügt, will Marion an ihrem Traum festhalten. Das ist auch völlig in Ordnung, denn der Mensch kann ohne Träume nicht existieren.
Dieser Text soll aber weitere Frauen vor Geheimagenten warnen. Es ist nur eine Masche, um sich aus einem Techtelmechtel zu ziehen.
Foto: Lizenzbedingung